Erfahrungsbericht zu einem Rollstuhl auf Segwaybasis: Der Apache

Von Michael Speicher

Michael Speicher - Gullfoss, Island
Michael Speicher - Gullfoss, Island

Der Weg ist mein Ziel, so wie wir Polios nun mal sind, immer aktiv und meistens  auf Achse. Nicht verschweigen möchte ich allerdings auch meine depressive Phase auf der Couch.
Durch meine Polio und die im Jahre 2007 festgestellte Post-Polio habe ich einen schon mehrfach in den Polionachrichten beschriebenen Lebensweg hinter und auch noch vor mir.
Im Jahre 2012 habe ich mich dann entschlossen bei unseren Urlauben einen Leihrollstuhl zu benutzen. Wandern in Südtirol, Stadtbesuche in Meran und Bozen, alles wurde wieder möglich. Seit meiner letzten Reha im Jahre 2013 habe ich einen eigenen Rolli, der auch im Beruf mein Begleiter wurde. Als wir im Juli 2013 mit dem Wohnmobil Island bereisten, habe ich dank einer guter Vorbereitung mit dem Rolli traumhafte Orte erreicht und gesehen, aber ich habe auch die Grenzen meines Rollis erfahren. Es entstand ein neuer Traum / Wunsch:
Ein „Rolli“ für das Gelände muss her.

Auf der Rehacare 2013 habe ich mir 4 neue Gelände-Mobile angesehen und 3 Modelle Probe gefahren. Toll, super, diese Gefährte gehen über Stock und Stein. Alle Modelle waren auf dem Segway PT i2 aufgebaut. Anfang Oktober habe ich mich dann für ein Wochenende zu einer kostenlosen Probefahrt bei der Firma Myfrankie in Kirchheim-Teck angemeldet. 

Oliver Fleiner und Michael Speicher bei der Einweisung des Sitzsegway
Oliver Fleiner und Michael Speicher bei der Einweisung des Sitzsegway

Innerhalb von zwei Stunden kam bei der Probefahrt und Einweisung durch Oliver Fleiner, vom Verein behindert-barrierefrei e.V., keine Langeweile auf. Oliver zeigte mir ausführlich, was alles mit dem Apache möglich ist. Diese neue, positive Erfahrung ließ den Adrenalinspiegel wieder in mir steigen, denn schon lange konnte ich mein Motorrad und das Kanu nicht mehr fahren.  

Für das Fahren mit dem Apache ist eine Beweglichkeit des Oberkörpers und der Arme mit geringem Kraftaufwand notwendig. Gebeugt nach vorne erreicht man Geschwindigkeiten von ca. 20 km/h, gebremst wird durch eine Bewegung des Oberkörpers nach hinten, gelenkt wird mit der Lenkstange. Die Reichweite wird mit ca. 30 km angegeben, begrenzend sind jedoch die Umgebungstemperatur und das Gewicht des Fahrers. Der Transfer von einem Rollstuhl auf den Apache ist durch die neue Sicherheitsabstützung gut möglich. Zum Transport kann  der Apache im Schiebemodus über Rampen in einen PKW verladen werden.

 

Seit Ende November 2013 besitze ich nun mein neues Freizeitmobil, den Apache. Bei der Übergabe erfolgte eine weitere ausführliche Einweisung, dieses mal mit Willi Lang, ebenfalls vom Verein behindert-barrierefrei e.V. Ausführlich wurden nochmals das Bremsen, das Fahren auf Schrägen und das Umfahren von Hindernissen geübt. Bis heute haben wir schon 253 km zurückgelegt. Das Roll-Wandern mit der Familie im Wald und in den Weinbergen, das Fahren in der Natur wurde zu einer Sucht, die nur durch schlechtes Wetter oder leere Akkus gebremst wird.

Fazit: Dieses Gefährt, der Apache, ist eine Bereicherung für alle aktiven Menschen mit einer Gehbehinderung. Wie bei allem: „Verwendung auf eigene Gefahr“ und  nicht ohne Übung / Einweisung zu benutzen. Leider wird dieses Gefährt noch nicht bei den Krankenkassen auf Rezept angeboten, so dass der Kauf für viele unmöglich wird. Ich würde mir wünschen, dass jeder ein solches Gefährt auch ohne Hilfsmittelnummer bekommen könnte.

 

Meinem Motto „Der Weg ist mein Ziel“ bin ich damit wieder einen Schritt näher gekommen, danke an Gaby, Olli, Willi und meinen Eltern. Diese neue Lebensfreude ist unbeschreiblich.
Michael Speicher aus Altenbamberg